Stabila
Der Metallbaukasten für Mädchen
Ein Metallbaukasten, ganz speziell nur für Mädchen, war sicherlich eine
neue und phantasievolle Idee. Anreiz zu dieser Idee mag die Tatsache gewesen
sein, dass bei den
Modellbau-Wettbewerben
auch Mädchen teilnahmen und sogar beachtenswerte Preise gewannen.
Im Jahr 1930 meldete jedenfalls Franz Walther das
Patent für Stabila,
dem "Flecht- und Bastelkasten für Mädchen", an. Im gleichen Jahr wurde
das Patent erteilt.
Die Umsetzung des Patentes ließ jedoch auf sich warten. Erst zwei Jahre nach
dem Tod von Franz Walther, im Jahr 1933, erschienen schließlich die
beiden Kästen Stabila 1 und Stabila 2.
Einen Ergänzungskasten von Stabila 1 nach Stabila 2 gab es nicht.
Die Stabila-Baukästen sind kleine Metallbaukästen mit einigen Spezialteilen
und ein paar Strängen Wolle (im Vorlagenheft ist von "Wolle in Döckchen"
die Rede).
Man konnte mit den Kästen z.B. Möbel für die Puppenstube oder einen Kinderwagen
für Püppchen bauen. Dekoriert wurden die Modelle durch Umflechten oder
Umwickeln mit Wolle.
Die Stabila-Baukästen sind speziell zugeschnitten auf die den Mädchen
zugedachte Rolle als zukünftige Hausfrau und Mutter.
Eine Verbindung zu den normalen Stabil-Baukästen war nicht beabsichtigt.
Stabil war der männliche Jugend vorbehalten. Es sollte sie in die
Welt der Technik und des Maschinenbau-Ingenieurs einführen.
Eine ausführliche Arbeit zum Spiel der Mädchen mit dem Metallbaukasten und
ganz besonders zu Stabila finden Sie in
[M. Faber: Stahl und Wolle. In :
Eisenzeit].
Informationen aus Prospekten
| Teile | Modelle |
Maße | Gewicht |
Stabila 1 | 90 | 26 |
320*250*20 | 510 |
Stabila 2 | 157 | 64 |
390*270*20 | 800 |
Das sind die einzigen Bilder, die in Prospekten gezeigt wurden.
Wir sehen, wie im Stabila 1 die Teile angeordnet waren. Wir sehen nicht, wie
der Stabila 1 außen ausgesehen hat.
Beim Bild des Stabila 2 sehen wir dagegen nur den äußeren Karton.
In einem Prospekt von 1933 wurden die in der Tabelle rechts aufgeführten
Angaben gemacht.
Der Kasten STABILA Nr. 1 kostete stets 3.50 Mark, der Kasten STABILA Nr. 2
kostete stets 5.50 Mark.
Die Kästen
Anscheinend waren die Eltern der 30er Jahre nicht so begeistert von den
Metallbaukästen für Mädchen. Denn Stabila-Baukästen sind ausgesprochen rar.
Der folgende Kasten, ein Stabila 1, wurde im Januar 1943 zusammengestellt
und ist damit einer der letzten in den 40er Jahren produzierten
Baukästen der Fa. Walther überhaupt. Die Maße sind 320*250*20mm.
Es sind mir nur drei Kästen Stabila 1 bekannt.
Das Bild unten (Quelle : Deutscher Spielemuseum Verlag Hamburg - Vielen Dank)
hat M.K. mit dem Computer aufgearbeitet.
Es kann sein, dass die Kästen Stabila 1 am Anfang der 30er Jahre äußerlich
anders gestaltet waren.
Kästen Stabila 2 sind auch sehr selten. Es sind jedoch schon mehrere
gefunden worden.
Diese Kästen hätten von ihrem äußeren Erscheinungsbild durchaus in die
60er Jahre gepasst.
Die für die damalige Zeit äußerst fortschrittliche Verpackung des
Stabila 2 Kastens ließ sich Walter Walther als
DRGM schützen.
Durch ein Zellophan-Fenster konnte man einen Blick auf das im
Inneren des Kastens liegende Vorlagenheft werfen.
Der gezeigte Kasten ist offensichtlich unbespielt. Nur die Stränge von
Wolle hat die Vorbesitzerin entnommen, weil sie dafür eine bessere Verwendung
hatte.
In der Mitte des Kastens sehen wir das Vorlagenheft mit dem farbenfroh
gestalteten Deckblatt. Im Fach links unten, in der halbdurchsichtigen Tüte
erkennen wir das rote, runde Fußteil F4. Es ist das einzige farbig lackierte
Stabilteil überhaupt. In der Schraubenschachtel sehen wir Elektrodraht zum
Anschließen der Lampenfassung, die sich im mittleren oberen Fach auf den
Schaukelstücken befindet.
Die Kastenmaße sind 387*272*22mm.
Für das Bild links danke ich Ansgar Henze. Es zeigt einen Stabila 2
von etwa 1942.
Der Kastendeckel ist hier komplett anders gestaltet als bei den Kästen der
Vorkriegszeit. Das Zellophan-Fenster fehlt - es gab
im Krieg anscheinend kein Zellophan mehr.
Dieser Kastendeckel gleicht dem Deckel des oben gezeigten Stabila 1, der
ebenfalls aus den 40er Jahren stammt.
Die Vorlagenhefte
Für jeden der beiden Stabila-Kästen gibt es ein eigenes Vorlagenheft.
Die Deckblätter dieser beiden Vorlagenhefte unterscheiden sich nur durch die
aufgedruckte 1 bzw. 2 in einem roten Kreis. Die Maße der Vorlagenhefte
sind etwa 237*164mm. Alle bisher gefundenen Stabila-Vorlagenhefte haben
einen Druckcode, der das Jahr 1933 nennt.
Schon das Deckblatt
dieses Vorlagenheftes ist beachtenswert (Bearbeitung M.K.).
Es zeigt Mädchen im Wasserflugzeug, in Motorboot und Segelyacht - und es
zeigt eine Dame, die sich bei einer Autopanne zu helfen weiß.
Sollte da für ein neues Rollenverständnis der Frau von Welt geworben
werden ?
Neuartig ist auch die Darstellung der Modelle im Stabila Vorlagenheft.
So einfach diese Modelle auch sind, so genau und detailliert ist deren
Beschreibung.
Es gibt für die Modell eine Skizze des Aufbaus mit den Metallteilen.
Dieser Aufbau wird dann, in einer zweiten Bauphase, mit Wolle umwickelt oder
beflochten, mit Deckchen umnäht oder bestickt.
Von dem textil bearbeiteten, fertigen Modell ist dann noch ein
Schwarz-weiß-Foto abgedruckt (siehe unten).
Das aber ist immer noch nicht alles. Denn auf vier besonderen Seiten
und auf der Rückseite des Vorlagenheftes werden die besten
Modelle im Farbdruck wiederholt präsentiert.
Der Inhalt des Vorlagenheftes für den Stabila 2 lässt sich, wie folgt,
beschreiben.
Auf der Innenseite des Deckblattes finden wir Hinweise zum Copyright und
zum Patentschutz.
Darauf folgt die Seite 1 mit dem Titel "Liebe Mädels !". Dort wird über
den Stabila Baukasten gesagt :
"Er wird Euch, wenn Ihr mitgehen wollt, in die Technik einführen
und Euch trotzdem Eure Mädcheneigenheit erhalten."
Auf Seite 2 wird beschrieben, wie man einen Korb zusammensetzt (siehe unten),
und die Seite 3 erläutert, wie man die Modelle dann mit bunter Wolle
beflechtet.
Auf der Seite 4
sind - als Farbdruck - ausgewählte Modelle des
Stabila 1, auf der Seite 5
solche des Stabila 2 zusammengestellt.
Auf Seite 6 folgt das
Inhaltsverzeichnis
der Kästen.
Auf den Seiten 7 bis 17 finden wir Modell 1 (Papierkorb) bis Modell 25 (Teddybär)
für den Stabila 1.
Die Seite 18 und
Seite 19
zeigen wieder Farbbilder, diesmal aber von ausgewählten Modellen des Stabila 2.
Auf Seite 20 wird Modell 26 (Webstuhl) beschrieben,
der auch noch mit dem Stabila 1 gebaut werden kann.
Die Seiten 21 bis 36 zeigen dann Modell 27 (Webstuhl verbessert) bis Modell 64
(Badehäuschen), die mit dem Stabila 2 gebaut werden können.
Auf der darauf folgenden hinteren Deckblatt-Innenseite, die die Überschrift
"Technische Weiterbildung" trägt, wird auf die Vorzüge von Stabil hingewiesen.
Auf der Rückseite
finden wir wieder Modelle in einem Freizeitgelände.
M.K. hat das Vorlagenheft des Stabila 2
computergrafisch aufbereitet.
Er sagt, die Bearbeitung sei qualitativ besser als das Original.
Das Vorlagenheft des Stabila 1 ist innen genau so gestaltet, wie das des
Stabila 2. Es fehlen lediglich die Seiten 21 bis 36. Es enthält somit alle
Farbseiten.
Jürgen Kahlfeldt hat mir die Informationen zu seinem Stabila 2 Vorlagenheft
zukommen lassen. Ansgar Henze hat mir ein Stabila 1 Vorlagenheft verfügbar
gemacht. Beiden mein herzlicher Dank.
Die Teile und die Modelle
Hier möchte ich die Verwendung der Stabila-Teile anhand einiger Modelle
zeigen.
Im Bild erkennt man, wie aus Gittersteg, Gitterstäbchen, Kerbplatte und
Fußteil das Metallgerüst für einen Wäschekorb erstellt wird.
Durch das Umflechten mit Wolle erzielt man ein Aussehen ähnlich dem
eines Weidenkorbes.
Der Wäschekorb selbst ist dann Bestandteil mehrerer anderer Modelle, wie Wiege,
Kinderwagen, Blumenkrippe. Umgedreht dient er als Sockel für die Waage.
Einen ähnlichen Gitteraufbau gibt es in runder Form, z.B. als Papierkorb oder,
wenn ein halbkreisförmiger Gittersteg verwendet wird, als Sitz oder Stuhl.
Im Stabila 2 sind zusätzlich die Teile für eine rechteckige und eine
quadratische Gitterform enthalten. Die rechteckige Form wird z.B. als
Kinderbett, Reisekorb, Pferdewagen, Kutsche, Gartenhaus oder Badehäuschen
eingesetzt.
Eine ganz besondere Neuheit des Stabila 2 ist die Lampenfassung mit
Glühbirnchen. Die große Scheibe über dem Schirm ist rot lackiert - das
erste bekannte farbige Stabilteil. Auch der Lampenfuß ist rot, aber mit einem
messingfarbenen Rad darüber, verziert.
Einige Modelle erreichen erst durch das Beflechten ihren besonderen Reiz.
Wir erkennen das am Gartenschirm, einem Modell des Stabila 1, und am Storch,
ein Modell des Stabila 2.
Damit der Storch nicht zu mager wird, umwickelt man den Rumpf mit Papier.
Zwei weiße Deckchen verschiedener Größe, die man sich mit dem Webstuhl-Modell
selbst herstellen soll, bilden den Rumpf. Das kleinere Deckchen säumt
man als Flügel auf den Körper. Füße, Hals und Kopf entstehen durch
Umwickeln. Den Schnabel schneidet man aus einem Stückchen Pappe, umwickelt ihn
mit rotem Faden und steckt ihn in den Kopf.
Um noch einen weiteren Eindruck von den Modellen zu gewinnen, habe ich hier die
farbigen Seiten des Vorlagenheftes zum Stabila 2 verfügbar gemacht.
Jürgen Kahlfeldt hat sie für mich eingescannt. Vielen Dank.
Das große runde Fußteil F4 ist in allen Bildern noch nicht in roter
Farbe dargestellt.
Das erste Bild zeigt die
Seite 4
mit Modellen des Stabila 1.
Darauf folgen die Seiten
5,
18 und
19
mit Modellen des Stabila 2.
Am Schluss ist die
Rückseite
des Deckblattes des Vorlagenheftes verfügbar,
das auch noch verschiedene fertige Modelle zeigt.
Klicken Sie auf das entsprechende Bild, wenn Sie davon eine Vergrößerung
wünschen.
Hier noch ein Vorfahr des legendären Käptn Blaubär am Steuer des Raketenautos
von Opel. Der Bär selbst ist ein Modell aus dem Stabila 1 Metallbaukasten für
Mädchen. Innen besteht er aus einem Gerüst aus Metallbaukasten-Teilen.
Außen ist er mit mehreren Deckchen aus dunkelblauer Wolle ummantelt und passend
dekoriert worden. Danke an M.K. für die Idee und das Bild. Danke an
Maria Kahlfeldt für die Textilarbeit.
Ein Inhaltsverzeichnis
mit Teileliste ist verfügbar.
Achtung ! Das runde Fußteil F4 ist rot lackiert. Es ist das
einzige farbig lackierte Stabilteil (neben den Elektromotoren ab 1953).
Ein Reklamebild für
Stabila ist auch verfügbar.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Stabila nicht mehr produziert.
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