Franz Walther und die Firmengeschichte

Hier finden Sie Informationen zur Geschichte der Firma Walther, die ja die Original-Stabilbaukästen lieferte. Die Firma Walther war die erste Firma, die in Deutschland Metallbaukästen mit gleichmäßig gelochten Flacheisen herstellte.

Bild Franz Walther Der Gründer, Franz Walther, wurde am 13. November 1860 in Geithain/Sachsen geboren, in einer Stadt südlich von Leipzig, die mit Burgstädt und Döbeln zum Zentrum der sächsischen Spielwarenindustrie gehört. [Glöckner]
Nach dem Schulabschluss machte Franz Walther eine Lehre als Zimmermann. Er sparte sich Geld für seine Weiterbildung und besuchte vier Semester an der Gewerbeakademie in Chemnitz. Im Anschluss daran legte er die Meisterprüfung des Zimmermanns-Handwerks ab.
Er absolvierte seinen Militärdienst in Dresden und war danach bei mehreren Baufirmen tätig, wobei er u.A. Kasernenbaumaßnahmen leitete. Anschließend übernahm er die Leitung einer Parkett- und Möbelfabrik in Eisenach. In dieser Zeit meldete er seine ersten Patente an. Im Jahr 1900 war er Mitbegründer der Fa. Pfeil & Walther in Goslar/Harz. In dieser Firma konnte Franz Walther seine Patente auf Kasernenmöbel selbst auswerten und nützen.
Der Gedanke, aus Holzabfällen einen Baukasten zu fertigen, stammte aus dieser Goslarer Zeit.
Nach einer kurzen Zwischenstation in Sachsen siedelte die Familie Walther im Jahr 1903 schließlich nach Berlin, in die Blücherstraße 40 (Kreuzberg) [Berliner Adressbuch], über und gründete dort im Herbst 1903 eine Firma. In der Blücherstraße waren damals große Kasernen. Franz Walther wohnte und arbeitete in deren Nähe. Auf den Namen seiner Gattin, Emma Walther, sind Anmeldungen von Gebrauchsmustern über Möbel für Kleinbetriebe aus dieser Zeit bekannt.

Bereits im Juni 1903 meldete die Familie Walther ihr erstes Patent auf ein Spielzeug an. Als Patentinhaber wurde der Sohn von Franz Walther, nämlich Walter Walther (Jahrgang 1889), angegeben. Dieses Patent beschreibt einen Baukasten, der den Kindern das Zimmermanns-Handwerk nahebringen soll. Aus gleichmäßig gelochten Holzleisten mit quadratischem Querschnitt und mit U-förmig gebogenen Blechteilen, sowie Verbindungsstiften können fachwerkartige Konstruktionen errichtet werden. Ein Zusatzpatent von 1904 beschreibt Dachkonstruktionen.
Leider ist bis jetzt noch kein derartiger Kasten aufgefunden worden. Es handelt sich aber um einen Vorläufer des späteren Record-Holzbaukastens, der ja auch gleichmäßig gelochte Holzleisten mit quadratischem Querschnitt enthält.

Im Jahr 1904 beantragte die Ehefrau von Franz Walther, nämlich Emma Walther, geborene Metzel, 6 DRGMs (Gebrauchsmuster) beim Patentamt. Es gibt dazu keinerlei Unterlagen mehr, außer den Titeln der DRGMs. Ein Titel ist z.B. Blechstreifen mit nach einem einheitlichen Maßverhältnis angebrachten Löchern zur Herstellung von Spielzeugbauten. Die anderen DRGMs beschreiben Winkeleisen, Schwelleneisen und Befestigungsklammern zum Zusammenbau der Modelle.
Hier werden eindeutig Teile des Baukastens Walther's Ingenieur Bauspiel beschrieben, der damit der erste deutsche Metallbaukasten ist, der gleichmäßig gelochte Flacheisen sowie Räder und Wellen für bewegliche Modelle enthält.

1905 wurde von Franz Walther erstmals eine Spielwarenfabrik in bescheidenem Umfang gegründet, in der Lausitzer Str. 7, und damit in der Nähe des damaligen Görlitzer Bahnhofs. Die Familie wohnte auch dort. Franz Walther ist als Zimmermeister im Berliner Adressbuch eingetragen, ab 1906 auch unter der Branche "Handel".

1906 erfolgte eine Gebrauchsmusteranmeldung für einen Holzbaukasten mit Platten, Rollen und Stiften. Damit ist wohl die erste Version des Record-Baukastens gemeint, die bis 1924 vertrieben wurde.
Baukästen waren zu dieser Zeit wohl nur ein Nebenerwerb der Walthers, denn es gibt noch ein Patent für eine Blockhauskonstruktion von 1906 und ein DRGM von 1910 für ein Ballspiel.

Ab 1909 findet man die Familie Walther in der Friedelstraße 31/32, welche damals zu Rixdorf gehörte. Die Friedelstraße ist die Verlängerung der damaligen Grünauer Straße nach Süden, welche selbst nur eine Parallelstaße zur Lausitzer Straße war.
1910 wurde ein Gebrauchsmuster auf den Maschinen-Baukasten erteilt. Letzterer ist ein Holzbaukasten, mit dem man Turbinen, Wasserräder und Windräder bauen kann.
Gerade um 1910 schien die Fa. Walther nicht vom Glück begünstigt zu sein, denn Franz Walther übergab das Geschäft an seine Frau Emma. Im Berliner Adressbuch erscheint die Firma erstmals als Walter & Co, Spielwaren.

Um etwa 1910 soll die Firma Walther 11 Markennamen in verschiedenen Ländern beantragt haben, da der Name Walther im Ausland nicht besonders attraktiv schien. Bis jetzt sind die Namen The Smart Engineer für England, Arts et Métiers für Frankreich und Den lille Ingeniør für Dänemark bekannt geworden.
Diese Markennamen wurden dort für alle Walther-Baukästen benützt.
In Frankreich etwa wurde "Walther's Ingenieur Bauspiel" als "Arts et Métiers Série 3" vertrieben. Der Maschinen-Baukasten (nicht Record) war "Arts et Métiers Série 2" und Stabil war "Arts et Métiers Série 1". Diese Namensgebung galt wahrscheinlich 1911 bis 1914. Ab August 1914 gab es wegen des Krieges keine Exporte mehr nach Frankreich und England.
Im englisch-sprachigen Raum wurde der Name "The Smart Engineer" verwendet. So wurde dort ein Kasten 8 von "Walther's Ingenieur Bauspiel" gefunden. Auf dem Deckelbild - es ist das neuere von 1911 - finden wir den Text : The Smart Engineer. Walther's Building Construction Game. Auf der Rückseite des Kastendeckels befindet sich ein Inhaltsverzeichnis sowohl in englischer als auch in französischer Sprache.


1911 ist dann Stabil erschienen. Wahrscheinlich wusste Franz Walther schon vor 1911 vom außerordentlich Erfolg des englischen Metallbaukasten-Systems "Meccano". Als etablierter Hersteller von technischen Baukästen aus Holz und Metall sah er hier eine Herausforderung. So brachte er einen eigenen Baukasten heraus, der Meccano in mancher Hinsicht ähnelte.
Franz Walther brauchte ja nur seinen bisherigen Metallbaukasten, nämlich Walther's Ingenieur Bauspiel von 1904, mit einem größerem Lochabstand zu fertigen und die Teile mit Schrauben (anstelle von Klammern) zu verbinden. Im Gegensatz zu Meccano hatte er bereits seit 1904 Gewindewellen in seinem Ingenieur Bauspiel in Gebrauch, was ein deutlicher technisch Vorsprung gegenüber der damaligen Nutenbefestigungen von Meccano war.
Das Verfahren, die Räder mit Muttern auf Gewindewellen zu befestigen, meldete er im Juni 1911 als Gebrauchsmuster an. Ein Bauspiel mit gleichmäßig gelochten Flach- und Winkeleisen, bei dem Gewindestifte gleichzeitig als Welle, Zug- oder Verbindungsstange Verwendung finden, sollte der neue Baukasten sein. Gerade die Nutzung der Gewindestifte, nicht nur als Achse sondern auch als Verbindungselement, ist ja die herausragende Idee bei dem neuen Metallbaukasten.
Durch die Schraubverbindung wurden die Modelle nun auch wirklich "stabil". Diese Tatsache dürfte Franz Walther so beeindruckt haben, dass er dem neuen Metallbaukasten den Namen Stabil gab. Er schuf damit auch den Begriff Stabil-Baukasten.

Da Stabil als Weiterentwicklung von Walther's Ingenieur Bauspiel mit größeren Teilen anzusehen war, wurde es anfangs auch als "Walther's neues Ingenieur Bauspiel STABIL" angeboten. Jedoch sorgte diese Bezeichnung bei den Kunden für Verwechslungen mit dem älteren Bauspiel. Deshalb nannte man das neue System bald "Walther's neues Konstruktionsspiel STABIL".

1911 gab es von Stabil zumindest schon die Kästen 50, 51 und 52. Die Firma Walther hatte bereits um 1910 allen Ihren Baukästen Nummern gegeben. Für die Holzbaukästen Record hatte man die Nummern 0 bis 4 vorgesehen, für "Walther's Ingenieur Bauspiel" zunächst die Nummern 10 bis 12, die Maschinenbaukästen bekamen die Nummer 30 und für Stabil wählte man die Nummern ab 50. Als später kleinere Kästen dazukamen, gab man denen die Nummer davor. So sind die Nummern der Kästen 8 und 9 von "Walther's Ingenieur Bauspiel" und die Nummer des Kastens 49 von Stabil entstanden.
Der neue Stabil-Baukasten war eben nur einer von den schon existierenden anderen Walther-Baukästen.

Die Firma Walther sah sich nicht nur als Hersteller von Zerlegbaren Bau- und Beschäftigungsspielen aus Holz und Metall, sondern auch von Tapisserie-Spielwaren, Stickkästen, Ausstattung von Puppenstuben usw., wie wir aus einer Rechnung von 1914 wissen.
Die Stickkästen wurden letztmals 1920 auf dem Briefkopf von Rechnungen und im Berliner Adressbuch aufgeführt.

Die Nachfrage nach Stabil muss jegliche Erwartung übertroffen haben. 1911 war Stabil nur einer der Walther-Baukästen. 1912 war Stabil schon das vorrangige Produkt der Firma. Immerhin gab es bereits die Kästen 49 bis 53, dazu noch zwei Kästen Stabil-Spezialspiele zum Bau von Eisenbahnwagen.
Die Firma Walther & Co mietete neue Räumlichkeiten in der damaligen Grünauer Straße 8 an. Die ehemalige Grünauer Straße heißt heute "Ohlauer Straße". Walther & Co war nach dem Berliner Adressbuch von 1912 eine dort ansässige Spielwarenfabrik für Baukästen, Beschäftigungsspiele, Spiele, Stickkästen. Die Familie wohnte weiter bis 1918 in der Friedelstraße.

Der Erfolgstrend von 1912 setzte sich auch 1913 fort. Die zwei Spezial-Baukästen von 1912 wurden ausgebaut zur Serie der Eisenbahnwagen-Baukästen, die 1914 die Nummern 59-63 umfassten.
Wahrscheinlich schon 1912 wurde der Kasten 54 hervorgebracht. 1913 wurden neue Teile, wie die Durchbrochene Platte 1c und die Lochscheibe 35a, eingeführt, die die Möglichkeiten von Stabil beträchtlich erweiterten. 1913 oder 1914 erschien schließlich der große Kasten 55.

Im Februar 1914 erschienen Anzeigen, die auf einen Verwandlungsbaukasten Architecton hinwiesen. Er wurde angepriesen mit dem Worten :
Ein selten schöner Gebäudebaukasten, wird in Bezug auf natürliche Bauweise, Schönheit, Festigkeit, von keinem anderen Holz- oder Steinbaukasten erreicht.
Warum dieser Kasten kein Erfolg war, ist nicht bekannt. Nach 1914 wird er jedenfalls nicht mehr erwähnt.

Mitte 1914 (DRGM) wurde das Baukastensystem Miniatur, wohl als Ablösung des alten "Walther's Ingenieur Bauspiel", mit den Kästen 20 und 21 herausgebracht. Das System hat einen Lochabstand von 10mm. Viele Stabil-Teile sind in abgewandelter Form enthalten, eine neue Trapezplatte ist ein Vorläufer für das entsprechende zukünftige Stabil-Teil von 1921.
Im August 1914 wurde der erste Weltkrieg begonnen. Meccano wurde in Deutschland als Feindvermögen enteignet, Walther verlor seinen Hauptkonkurrenten.
Es ist aus dieser Zeit bekannt, dass Einsendungen neuer Modelle von der Firma Walther gerne entgegengenommen wurden und mit einem Preis, wohl meist einem passenden Ergänzungskasten, honoriert wurden.

Im Februar 1915 erschien in der Deutschen Spielwaren-Zeitung ein größerer Artikel, der auf die hervorragenden Eigenschaften des Stabil-Baukastens hinwies. Schon aus dem Jahr 1913 sind Anzeigen in der Deutschen Spielwaren-Zeitung bekannt. Die Firma musste schon größere Gewinne machen, wenn sie sich derartige Reklame leisten konnte.

Ab 1915 wurden die Holzplatten und die dazugehörenden Befestigungsteile 17-20 aus den Stabil-Kästen genommen. Danach gab es bis 1921 keine Weiterentwicklung mehr.
Die kriegsbedingte Rationierung von Kupfer führte dazu, dass Zahn- und Kegelräder aus Zink oder Aluminium gefertigt wurden. Schnurrollen bestanden aus zwei zusammengenieteten Formteilen aus Eisenblech. Die Flacheisen wurden nicht mehr vernickelt, sondern verzinkt. Gegen Ende des Krieges wurden unbehandelt oder aus schwarzem Blech den Kästen beigegeben.
Ab 1916 hieß Stabil dann "Walther's neues Metall-Bauspiel STABIL".

Am 3. April 1917 erfolgte ein neuer Eintrag im Handelsregister. Franz und Emma Walther ließen ihre Firma unter dem Namen Walther & Co eintragen als ein Unternehmen zur Produktion von Beschäftigungsspielen. Firmensitz ist, wie auch schon früher, die Grünauer Str. 8.

Ab 1. April 1918 ist die Firma in der Grünauer Straße 21 (heute "Ohlauer Straße") ansässig. Aus dem Berliner Adressbuch lässt sich ersehen, dass die Familie Walther auch dort wohnte.

1920 wurden erstmals Motore eingeführt.

Mit dem Jahr 1921 begann eine völlig neue Periode des Stabil-Systems.

Erst jetzt wurden die Namen Stabil und Stabil-Baukasten als Warenzeichen gesetzlich geschützt, ebenso der Slogan
Des Knaben schönstes Spiel
Das ist und bleibt Stabil.


Die Fa. Märklin hatte 1917 die deutsche Meccano-Niederlassung von der deutschen Regierung erworben und erweiterte nun das System um einige wenige Teile, füllte die Kästen etwas großzügiger mit Teilen und verkaufte das so entstandene neue System ab 1919 als Metallbaukasten Märklin.
Daraus erwuchs der Fa. Walther ein neuer Konkurrent mit einem Baukastensortiment, das in seinem Umfang sowohl in der Teileanzahl als auch in der Ausstattung der Kästen das bisherige Stabil-System übertraf.
Wieder musste Walther reagieren. Man brachte eine ganze Menge neuer Teile heraus. Einige Teile sind Eigenentwicklungen der Fa. Walther. Man nahm aber auch die Teile anderer Hersteller als Vorbild und machte wesentliche Verbesserungen daran. Diese Verbesserungen waren in vielen Fällen so fundamental, und die Baumöglichkeiten mit Stabil wurden so grundlegend erweitert, dass Stabil dadurch zu einem System wurde, das den Mitbewerbern mehr als nur eine Nasenlänge voraus war. Einige wenige dieser neuen Teile wurden bereits 1918 dem Kasten 49 zum Ausprobieren beigegeben.
Die Radkränze 21 und 21a sowie das Große Kugellager 46 sind Entwicklungen von 1921, die gleich durch DRGMs geschützt wurden. Auch die Kästen selbst wurden in ihrem Inhalt grundlegend überarbeitet. Hatte z.B. ein Kasten 52 im Jahr 1920 keine Winkeleisen und keine 25-Loch Flacheisen, so enthielt er im Jahr 1921 8 Flacheisen mit 25 Loch, 2 Winkeleisen mit 10 Loch und 8 Winkeleisen mit 25 Loch.
Die neuen Kästen konnten sehr wohl mit den Kästen der Mitbewerber konkurrieren.
Auch die Vorlagenhefte bekamen ein gefälligeres Aussehen. Ab 1921 wurde als Deckblatt das gleiche bunte Farbbild verwendet, das auch als Deckelbild des Kastens benutzt wurde.
Um Modelle für die neuen Kästen zu bekommen, wurde ab 1919 zu Modelleinsendungen aufgerufen. Ab 1924 wurden jährlich Modellbau-Wettbewerbe ausgeschrieben.

Ebenfalls im Jahr 1921 (DRGM) wurde der Maschinenbaukasten grundlegend überarbeitet.
Der neue Maschinenbaukasten war nach wie vor ein Holzbaukasten. Er enthielt jetzt aber auch Gewindestifte, Drahtösen und Schraubenschlüssel. Mit dem ursprünglichen Maschinenbaukasten hat der neue Kasten kaum etwas gemein.

1925 wurde dann auch der Record Holzbaukasten vollständig überarbeitet. Auch bei diesem System wurden den größeren Kästen Gewindestifte für besondere Konstruktionen beigefügt. Der neue Record bot, so ausgestattet, mindestens die gleichen Spielmöglichkeiten wie der überarbeitete Maschinenbaukasten. Als Konsequenz verschwand der Maschinenbaukasten kurz darauf vom Markt.
Da das Korbuly-Patent inzwischen abgelaufen war, konnte man von dort Anleihe nehmen. Als Folge davon wurde der quadratische Querschnitt der Teile des früheren Record Baukastens aufgegeben. Die neuen Record Bausteine sind oft direkt austauschbar mit den Korbuly Bausteinen; einige neue Record Bausteine enthalten gegenüber den Korbuly Bausteinen zusätzliche Montagelöcher.

Ebenfalls im Jahr 1925 wurde der Firmensitz verlegt von der Grünauer Str. 21 in die Zeughofstraße 3. Die Zeughofstraße ist eine Verlängerung der Grünauer Straße nach Norden über den Görlitzer Bahnhof hinaus. Privat wohnte die Familie Walther spätestens ab 1925 nicht mehr in Berlin [Berliner Adressbuch].
Die Firma Walther & Co hatte Ende 1922 ein großes Grundstück mit einer Villa am Zeuthener See erworben, und Franz Walther wohnte dort, was aus dem Zeuthener Adressbuch von 1931 hervorgeht.
Die Villa ist inzwischen umgebaut. Es ist ein 2½-stöckiges Gebäude, das etwa 450m² überdeckt.
(Danke an Herrn Schrader und Herrn Schorradt.)

Im Juni 1925 erschienen die Erfinderbaukästen 57 und 58, die auf zwei Patenten für Zahnräder und einem Patent für kugelgelagerte gerollte Wellen (erteilt 1924) beruhten. Zusätzlich wurden für die Erfinderbaukästen eine ganze Reihe von DRGMs beantragt.
Die Stabil Erfinderbaukästen sind einmalig unter allen Metallbaukasten-Systemen. Aus einzelnen Zähnen können Stirnzahnräder mit beliebiger Zähnezahl, Kronenräder und Zahnstangen hergestellt werden. Aus den gerollten Wellen, die sich in Kugellagern drehen können, können Achsen großer Maschinen nachgebildet werden. Die gerollten Wellen können aber auch als Säulen, Träger, Walzen usw. in Modellen eingesetzt werden. In 1927 folgte der kleinste Erfinderbaukasten 56.

Mit dem Jahr 1927 beginnt wieder eine neue Periode des Stabil Systems. Denn 1927 brachte die Einführung der Patentzahnräder, von denen zwei bereits dem damals kleinsten Kasten 49 beigefügt wurden. Die im Patent gezeigte Zahnstange wurde nie in der angegebenen Form produziert.
In 1927 wurden der Mitnehmer 7b und der Stellring 7a mit Feststellschraube eingeführt, die es erlauben, dass Stabil-Teile an den Glatten Wellen befestigt werden können, die mit den Erfinderbaukästen in das System kamen.
Die Schnurräder 5, 5a sowie die Flanschenräder 22 wurden ab jetzt aus Messingblech geformt.
Zahnrad 25 und Schnecke 32a bekamen eine Nabe mit Feststellschraube.
Bei den Modellbau-Wettbewerben konnte man ab 1928 richtig hohe Geldpreise gewinnen. Die Preisgelder wurden gewaltig erhöht. Ein erster Preis war bei den vormaligen Wettbewerben etwa 15 Mark, jetzt waren es 500 Mark. Bei Walther sprach man von nun an nur noch von Stabil-Stipendium-Wettbewerben. Es war gedacht, dass die Gewinner mit dem Preisgeld einen Zuschuss für ihre Ausbildung erhalten sollten.

Als zunächst Meccano (ab Mitte 1926) und ab 1929 auch Märklin damit begannen, bunte Teile herzustellen, schloss sich Walther diesem Trend nicht an. Die Fa. Walther blieb ganz bewusst bei der Vernickelung und begründete das mit der besseren Haltbarkeit der vernickelten Oberfläche.

Aus zeitgenössischen Handelsinformationen geht hervor, dass im Jahr 1928 zeitweilig 50 Personen bei der Firma Walther beschäftigt waren. Der Umsatz betrug etwa 1 Million Mark. Der Sohn Walter Walther und seine verwitwete Schwester Johanna Temps halfen den Eheleuten Walther im Geschäft. Privat wohnte die Familie Walther in Zeuthen, in einem schuldenfreien Landhaus, das zur Firma Walther & Co gehörte. Dieser Grundbesitz wurde damals auf 250.000 M geschätzt. Das Vermögen wurde insgesamt auf 500.000 bis 600.000 Mark geschätzt.

Aus einer Statistik über erhalten gebliebene Kästen ist bekannt, dass sich die Produktionszahlen von 1925 bis 1928 versechsfachten.

In den Jahren 1930 und 1931 dürfte die Firma Walther & Co den Gipfel ihres Erfolges erreicht, ja schon überschritten haben.
Am 1.1.1930 erfolgte, nach einiger Verzögerung, der offizielle Umzug der Firma in die neu erworbenen Gebäude in der Harzer Str. 60-63 (Ecke Teupitzer Straße). Diesen Umzug leitete bereits Walter Walther, der Sohn von Franz Walther.
Für den Erwerb des Grundstücks in der Harzer Str. 60-63 wurden 95.000 RM in bar von Franz Walther bezahlt. Die ausgeführten Bauten wurden mit 155.000 RM, die Belastung mit 50.000 RM beziffert. Auch noch nach dem Umzug wurden auf dem Gelände weitere 200 m² mit Erweiterungsbauten für Fabrikationszwecke ausgeführt.
In der Saison waren bis zu 150 Leute zeitweilig beschäftigt. Der Umsatz betrug zwischen 1.000.000 und 1.500.000 RM. Damit dürften in der Saison über 1000 Baukästen pro Tag produziert worden sein.
Torsten Walther sagte einmal in einem Interview, dass sie damals von dem Verdienst eines Jahres eine eigene Fabrik in der Harzer Straße hinstellen konnten. Die Gewinne waren jedenfalls riesig. Ein Arbeiter verdiente damals nur etwa 2.000 Mark im Jahr. Das Gesamtvermögen der Familie Walther wurde auf 500.000 RM geschätzt.

Aber die Weltwirtschaftskrise zeichnete sich schon ab. Ende 1931 waren die Produktionszahlen um etwa 25% gefallen und Ende 1932 lagen sie dann wieder auf dem Stand von 1925. Die Firma Walther erreichte später nie mehr ihre einstige Größe. Informationen dazu gibt eine Statistik über erhalten gebliebene Kästen.

In 1930 wurden erstmals Autoreifen aus Vollgummi dem Kasten 55 beigegeben. Das Patent für Stabila, dem Flecht- und Bastelkasten für Mädchen, wird angemeldet und erteilt.
Ebenfalls in 1930 erschien ein völlig neu überarbeitetes Vorlagenheft für die großen Kästen 53-55. Dieses Heft wurde später nie mehr geändert.

1931 wurde der Kasten 48 am unteren Produktspektrum eingeführt. In allen Kästen wurde eine Sparbüchse zugegeben, die Anreiz geben sollte, für den nächsten Ergänzungskasten zu sparen. Die Stabil-Magnet-Dampfmaschine erschien.
Der Versuch, Stabil in England zu vermarkten, war glücklos.

Franz Walther im Alter von 70 Jahren Am 28. September 1931 verstarb Franz Walther plötzlich und unerwartet [Stabil- und Record-Zeitung Nr. 10 vom Dezember 1931 S. 2][DSZ]. Sein Tod traf die Firma hart. Das Bild links zeigt ihn im Alter von 70 Jahren [Glöckner].

Das Jahr 1932 war wegen der Weltwirtschaftskrise ein Desaster für die Firma. Bereits Ende 1931 sanken die Produktionszahlen um 25% ab. Ende 1932 waren sie dann auf den Stand von 1925 abgesackt, etwa auf ein sechstel der Zahlen von 1928, wie anhand einer Statistik über erhalten gebliebene Kästen ersichtlich ist.
Man ergriff einschneidende Maßnahmen. Der für Anfang 1932 angekündigte Modellbau-Wettbewerb wurde noch durchgezogen. Danach fanden auf Jahre keine Modellbau-Wettbewerbe mehr statt. Ebenso wurde die Stabil- und Record-Zeitung eingestellt.

Mit dem Jahr 1932 folgte so die Periode der Kleinkästen. Es kamen die Knirps Metallbaukästen (ein Kleinsystem als Reaktion auf Trix), sowie der Kasten 46 heraus.

Walter Walther 1930 Erst 1933, nach dem Tod von Franz und Emma Walther, konnte deren Sohn, Walter Walther, die Firma als alleiniger Besitzer übernehmen. Walter Walther hatte schon den Umzug der Firma in die Harzer Straße organisiert. Ab jetzt leitete er die Firma parallel zu seiner Arbeit als Architekt. Einige allgemeine Überlegungen zeigen seine wirtschaftlichen und persönlichen Grenzen.
Links sehen Sie ein Bild von Walter Walther aus dem Jahr 1930.

1933 erschien der Knirps-Federmotor und - mit großer Verspätung - Stabila. Die für die damalige Zeit äußerst fortschrittliche Verpackung des Stabila 2 Baukastens ließ sich Walter Walther als DRGM schützen. Durch ein Zellophan-Fenster konnte man einen Blick auf das im Inneren des Kastens liegende Vorlagenheft werfen.
Zwei Stabil-Electric Kästen wurden Anfang 1933 herausgebracht, Ende 1933 aber nicht mehr verkauft.

Im Jahr 1934 wurde, angeregt durch Vorgaben der damaligen Machthaber, der Kanonenbaukasten 46KM herausgebracht. Er entstand aus dem Kleinkasten 46, dem man einen Knirps-Federmotor und Spielzeug-Kanönchen zum Erbsen-Verschießen beigefügt hat. Der Kasten 48M entstand damals auch.
Die Kästen werden jetzt nach und nach in blauen Kartons geliefert.

1935 folgte der größere Kanonenbaukasten 47KM, mit dem man ein Kanönchen mehr bauen kann als mit dem 46KM.
Es ist jedoch beachtenswert, dass trotz der Herstellung der Kanonenbaukästen die Firma Walther nie Symbole der damaligen Machthaber in ihrer Reklame zeigte.

1936 kamen die Kästen 49M und 50M zum Produktspektrum hinzu. Sie enthielte je einen Knirps-Federmotor. Allen Grundkästen ab 49M lagen spätestens ab 1936 4 kleine Autoreifen 84b bei.
Die Vorlagenhefte für die Kästen 49-52 wurden 1936 um einige wenige Modelle, meist für die neuen Kästen 49M und 50M, erweitert. Es ist das Heft mit den meisten Stabil Modellen überhaupt.
Das waren aber dann schon alle Neuerungen. An der Weiterentwicklung von Stabil wurde kaum gearbeitet, denn zwischen 1936 und 1955 wurden den Vorlagenheften keine neuen Modelle mehr hinzugefügt.
Neben Stabil wurden im Jahr 1936 noch die Baukästen Knirps, Stabila, Miniatur und Record verkauft.

1937 fand endlich wieder ein Modellbau-Wettbewerb statt, der dann jährlich bis 1940 durchgeführt wurde. Danach gab es keine derartigen Wettbewerbe mehr.
In den Jahren 1937/1938 wurden Teile, die vormals aus Massivmessing waren, aus Aluminium gefertigt. Die bisher aus Messingblech geformten Räder wurden aus Eisenblech gefertigt und vernickelt.
Ab 1938 finden wir jedoch wieder Teile aus Massivmessing vor. Die vormals aus Messingblech geformten Räder blieben aber aus vernickeltem Eisen.

Der Kriegsbeginn 1939 führte dann zu einer Rationierung von Kupfer. Die vormals aus Massivmessing bestehenden Teile wurden nach und nach aus Zink hergestellt, wobei Vorräte an Messingteilen und Restbestände an Aluminiumteilen von 1937 noch aufgebraucht wurden.
Ebenso wurden die großen Zahnräder 25c-25f, früher hießen sie Patentzahnräder, jetzt aus braunem Kunststoff gegossen. Die neuen Zahnräder waren fest, passten gut und konnten ausreichend Kraft übertragen.

Ab etwa 1941 waren die Flacheisen nicht mehr vernickelt, sondern verzinkt oder dunkelgrau.
Autoreifen lagen den Kästen nicht mehr bei.

Kriegsbedingt wurden im Januar 1943 letztmals Baukästen produziert. Am 22. November 1943 wurde die Fabrik in der Harzer Straße von Bomben völlig zerstört. Alle technischen Unterlagen gingen dabei verloren. Als Ausweichadresse der Firma wurde die Lansstraße 11 in Berlin-Dahlem angegeben, wo Walter Walther ab 1935 ein Haus hatte [Berliner Adressbuch]. Ich danke Jürgen Kahlfeldt für die Nachforschung.

Mit dem Krieg verlor die Firma Walther den größten Teil ihres Vertriebsgebietes. Stabil war hauptsächlich im Norden und Osten Deutschlands vertreten, in einem Dreieck Hamburg, Breslau (Wroclaw), Königsberg (Kaliningrad). Diese Gebiete lagen nach dem Krieg großteils in Polen und der DDR, waren damit als Absatzgebiet für eine Westberliner Firma nicht mehr erreichbar. Es war also schwer, im von Märklin dominierten West- und Süddeutschland Fuß zu fassen.
Erschwerend kam hinzu, dass Spielwarenhändler, die Märklin Spielzeugeisenbahnen führten, auch Märklin Metallbaukästen anboten. Viele dieser Händler sahen keinen Grund, sich noch ein zusätzliches Metallbaukasten-System zuzulegen. Dieser letztgenannte Umstand dürfte Walther's Stabil am meisten geschadet haben.

Erst im Jahr 1950 konnte Walter Walther, wegen der Berlin-Blockade, einen Neubeginn wagen. Es wurden in diesem Jahr nur die Kästen 48, 48M, 49 bis 52, 49a-51a und der Knirps-Federmotor angeboten.
Im Jahr 1951 waren die Kästen 49M, 50M, 53, 52a und 53a wieder verfügbar. Die Kästen 54 und 55 wurden nach dem Krieg nicht mehr produziert. Allerdings wurde der Kasten 54a ab 1952 wieder angeboten.
Eine Neuauflage der Erfinderbaukästen war zwar vorgesehen, wurde jedoch nicht mehr realisiert. Auch der Kanonenbaukasten, das Baukastensystem Miniatur und alle Holzbaukästen wurden nicht mehr gefertigt.

In 1953 wurden die blauen Plastik-Füllplatten eingeführt und Papierbögen zum Füllen von Freiflächen wurden den Kästen beigelegt.

Ab dem Jahr 1954 wurden die ehemaligen Patentzahnräder aus gelbem Duroplast gefertigt. Allen Grundkästen lagen Autoreifen 84b bei. Den Kästen ab Nummer 51 wurden jetzt auch die größeren Autoreifen 84a für die Flanschenräder 22 beigegeben.

Ab Mitte 1955 zierte ein neues Deckelbild die Baukästen mit einem Jubiläums-Zeichen "50 Jahre" und einer Angabe 1906-1956. Auf welches Ereignis von 1906 dabei allerdings Bezug genommen werden soll, sagt uns die Firma Walther nicht.
Die Firma Walther wurde 1903 gegründet. 1904 erschien der erste Metallbaukasten "Walther's Ingenieur Bauspiel". 1905 wurde eine kleine Spielzeugfabrik gegründet. Zum Jahr 1906 passt nur das Record-DRGM. Record gab es nach dem Krieg jedoch nicht mehr. Stabil erschien erst 1911.

Im Jahr 1956 erschien der Inhalt des Vorlagenheftes für die Kästen 49-52 in überarbeiteter Form. Diese Arbeit ist Torsten Walther (Jahrgang 1924), dem Enkel von Franz Walther, zu verdanken, der alle Bilder der Modelle neu zeichnete.

Torsten Walther und Walter Walther Das Bild ist ein Ausschnitt eines Fotos von der Spielwarenmesse 1956 in Nürnberg. Torsten Walther (links) erklärt gerade etwas. Walter Walther (rechts) hört zu.

1957 wurde Torsten Walther, der schon 1949 in der Firma tätig war, Miteigentümer der Firma Walther&Co. Nach dem Tod von Walter Walther (21.12.1962) wurde Ella Walther, geborenen Kristensson, 1963 stiller Miteigentümer der Firma. 1966 wurde Torsten Walther alleiniger Eigentümer [Handelsregister, DS Feb. 1963 S.335].
Torsten Walther hatte noch einen jüngeren Bruder Werner Walther. Dieser war jedoch nie in die Firma eingebunden.

Ab 1965 findet man in den Anzeigen der Firma Walther Sätze wie "Bewährt zählt mehr als neu" oder "Keine Neuheit, aber seit Generationen bewährt". Daraus kann man entnehmen, dass die Firma Walther gar nicht mehr beabsichtigte, etwas an Erneuerungen des Systems herauszubringen. Es deutet vielmehr darauf hin, dass man das Ende schon kommen sah, es aber noch hinauszuzögern versuchte.

Dennoch gab es noch eine kleine Änderung. Etwa 1966 wurden die Papierbögen 148a-d den Baukästen nicht mehr beigelegt. Das Jubiläums-Zeichen "50 Jahre" verschwand von den Deckelbildern und den Vorlagenheften. Man erkennt dort seitdem einen großen gelben Fleck.

Ende der 60er Jahre gab es nochmals eine Produktion von Kästen in roten Kartons mit einem Klarsichtdeckel. Diese Kästen wurden eine kurze Zeit über Discounterketten vertrieben. Es war das letzte Aufbäumen vor dem Ende.

Ende 1970 wurde die Produktion von Stabil aus Kostengründen eingestellt. Das Grundstück in der Harzer Straße 60-63, wo der Firmensitz war, wurde gemeinsam mit der Produktion aufgegeben. (Es war ja auch keine Produktion mehr im engeren Sinne, sondern lediglich die Zusammenstellung der fremdproduzierten Teile zu den dann handelsüblichen Kästen.) Restbestände von Teilen sind einem Altmetallhändler übergeben worden.
Es tauchten danach vereinzelt noch Kästen auf mit einem abenteuerlichen Teilesammelsurium und einem englischen Vorlagenheft von 1931 auf. Das sind aber keine eigentlichen Stabil-Baukästen der Firma Walther mehr. Hier wurden offensichtlich Restbestände, zumeist in roten Kartons, verkauft.

1991 wurde die Firma Walther & Co aus dem Handelsregister gelöscht.

Heute ist das ehemalige Firmengelände in der Harzer Straße mit neuen Wohnblocks überbaut und von der ehemaligen Stabil-Fabrik der 30er Jahre ist nichts mehr übrig.

Das ist das traurige Ende eines einst vielbeachteten Spielzeugs.


Ich danke Jürgen Kahlfeldt, der für mich die alten Berliner Adressbücher und Stadtpläne durchsucht hat.

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